Baurecht – Mehrkostenforderungen im Bauvertragsrecht

Mehrkostenforderungen – Vom konstruktiven Claim-Management zur Durchsetzung von Mehrkostenforderungen

Mehrkostenforderungen aufgrund von Bauzeitverzögerungen und Behinderungen stellen nicht nur an die Dokumentation des konkreten Bauablaufs hohe Anforderungen. Auch aus rechtlicher Sicht ist deren Geltendmachung an verschiedene Voraussetzungen geknüpft. Im Folgenden werden die rechtlichen Grundlagen zur Geltendmachung von Mehrkostenforderungen erörtert. Dabei zeigt sich, dass ein konstruktives Claim-Management durchaus Sinn macht. Das beginnt bereits mit der Anmeldung der Mehrkostenforderungen.

Anmeldung der Mehrkostenforderungen:

Zunächst ist zu beachten, ob in den ÖNORMEN bzw. relevanten Vertragsgrundlagen Fristen für die Anmeldung und Konkretisierung von Mehrkostenforderungen vorgesehen sind. Insbesondere bei Großprojekten gibt es in den vertraglichen Vereinbarungen oft sehr kurze Fristen (zum Beispiel vierzehn Tage). Diese Fristen sollten nicht übersehen werden, weil sonst die Durchsetzung von Mehrkostenforderungen schon aus formalen Gründen scheitern könnte.

Rechtliche Grundlagen für Mehrkostenforderungen:

Bei der Geltendmachung von Mehrkostenforderungen ist zunächst hilfreich, dass das ABGB dafür eine Rechtsgrundlage bereithält, nämlich § 1168 Abs. 1 Satz 2 ABGB. Dabei handelt es sich um eine gesetzliche Anspruchsgrundlage zur Durchsetzung von Mehrkosten bei Behinderungen oder Verzögerungen der Bauzeit, die aus der Sphäre des Auftraggebers stammen (OGH 1 Ob 200/08f = ZVB 2010, 78).

 

Der Anspruch gemäß § 1168 Abs 1 Satz 2 ABGB entsteht ex lege, das heißt, ohne dass er mit dem Auftraggeber ausverhandelt werden müsste. Haben die Parteien hingegen eine Einigung über einen Aufpreis getroffen, ist aus juristischer Sicht nicht mehr § 1168 Abs. 1 Satz 2 ABGB, sondern ausschließlich der geänderte Vertrag maßgeblich.

Bedeutung für die Praxis:

Praxisrelevant wird der Anspruch gemäß § 1168 Abs. 1 Satz 2 ABGB (Anhebung des Werklohns), wenn zB Mehrkosten durch Planänderungen entstehen oder der Auftragnehmer zu erhöhten Anstrengungen gezwungen ist, um die Fertigstellung des Gewerkes zu gewährleisten.

Häufig kommen in der Praxis auch fehlende Vorleistungen des Bestellers (zB wenn die erforderlichen Betonarbeiten fehlen, um mit dem geplanten Innentrockenausbau anzufangen) oder Stehtage vor, wenn also Maschinen oder Arbeiter — aus Umständen in der Sphäre des Werkbestellers — teilweise nicht einsetzbar sind.

Fazit:

Haben die Mehraufwendungen ihre Ursache in der Sphäre des Werkbestellers, kann der Werkunternehmer unter den Voraussetzungen des § 1168 Abs. 1 Satz 2 ABGB eine Anhebung des Werklohns (das Gesetz verwendet die Worte „angemessene Entschädigung“) verlangen.

Da zur gerichtlichen Durchsetzung in der Regel ein Vergleich zwischen dem Ist-Aufwand und Soll-Aufwand erforderlich ist, kann es unter Umständen sinnvoll sein, rechtzeitig einen baubetriebswirtschaftlichen Sachverständigen zur Vorbereitung der Ansprüche beizuziehen.

 

MMag. Simon Herzog
RECHTSANWALT

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